Sonntag, 24. Mai 2009

Keinen Cent wert

Habe im Aldi an zwei Tagen dieser Woche in der Insel-Rundschau geblättert und fand bestätigt, was ich schon lange weiß: Die Leser kaufen zumeist Belangloses, Texte, die ihnen keinerlei Nutzen bringen und dann noch schlecht geschrieben sind. Seitenfüllung mit Höchstgeschwindigkeit, um den heiligen Feierabend zu
sichern, scheint den Redakteuren besonders wichtig zu sein. Was da
steht, ist nicht so wichtig.
Es wird immer schlimmer, seit ich die Rundschau verließ, hat aber natürlich nichts mit mir zu tun.

So sollte für die Leser wichtig sein, dass der Oberpräsident gewählt wird. Wichtig ist das doch nur für jene, die auf Posten und Pöstchen rund um den Präsidenten aus sind. Den Lesern auf Usedom ist es egal, wer ihre Steuergelder erhält, da kaum jemand von ihnen die Möglichkeit hat, eines der 150 Pöstchen zu bekommen. Erinnert sich noch jemand an die vorletzte Rede der gerade vergangenen Amtszeit? Ich erinnere mich nur an das wichtige Gesicht, den lehrerhaften Ton des Oberpräsidenten, was ihn lächerlich machte. Der Mann ist mit Amt und Maus überflüssig, kostet nur Geld. Dennoch wird alles um ihn hochgespielt, nur um die Seiten schnell zu füllen, denn Agenturen liefern massig Material, das auch sie sehr einfach beschaffen; es wird ihnen förmlich in die Hand gedrückt.
Noch einfacher ist es, vor der Wahl zu spekulieren, wer denn nun welche Chance auf das Amt hat - auch das völlig bedeutungslos und zeitraubend für die Leser, denn selbst Wahlgierige dürfen den Oberpräsidenten nicht wählen. Wozu auch, hat er doch nichts zu verrichten, außer vorhanden zu sein.
Morgen wird die Rundschau etliche Spalten füllen mit dem Ergebnis der Wahl, mit Volksverblödung per Stellungnahmen von Oberbonzen zum Wahlergebnis.
Ebenso wurde und wird die Rundschau mit dem Langweiler Grundgesetz gefüllt und der Mitteilung, dass wegen des Grundgesetzgeburtstages ein Bürgerfest in Berlin mit Bratwurst und Broschüren stattfand.

Völlig vergessen wird dabei, dass statt der Kolonialisierung der DDR die Chance bestanden hatte, endlich eine Verfassung für einen neuen deutschen Staat zu schaffen. Darüber las ich kein Wort. Stattdessen erfuhren die Leser, wer bereits Oberpräsident war, was jeder im Internet nachlesen kann, ohne einen Cent dafür auszugeben.

Wenn schon Historisches, dann z.B. auch die Geschichte der sozialen Marktwirtschaft, die hier in aller Kürze nachzulesen ist und zeigt, welche Möglichkeiten sich das deutsche Volk entgehen ließ, oder welche ihm genommen wurden:
Wer weiß heute noch, dass in Hessen 1946 die Sozialisierung von
Schlüsselindustrien, Großbanken und Versicherungen per Volksentscheid
beschlossen wurde? Wer weiß noch, dass die Briten im gleichen Jahr die
Schwer- und Montanindustrie in Nordrhein-Westfalen verstaatlichen
wollten? Und wer erinnert sich eigentlich noch an das Ahlener Programm
der CDU, in dem 1947 ein christlicher Sozialismus anstelle einer
kapitalistischen Wirtschaftsordnung gefordert wurde?
Stattdessen erfuhren die Leser auf einer ganzen Seite, dass ein Sturm in einem mecklenburgischen Dorf Teile von ein paar Dächern abdeckte und ein paar Bäume umwarf. Das mag eine schlimme Abwechslung im Alltag der Dorfbewohner gewesen sein, von denen alle unversehrt blieben. Im Grunde genommen ist sie für alle anderen Zeitungsleser unerheblich.

Dagegen ist von außerordentlichem Belang, wie die ein halbes Dutzend Männer in aller Stille fast eine halbe Billion Euro an Banken verteilen. Davon erfahren die Rundschau-Leser nichts. Das können sie auch nicht, weil ohne kommentarischen Widerspruch der meisten Medien und durch Abnicken des Stimmviehs im Bundestag die Regierung einen Geheimbund gründete, der über die Verwendung des Geldes der Steuerzahler entscheidet. Den Steuerzahlern wurde mit Hilfe der Rundschau und vieler anderer Medien die Abwrackprämie schmackhaft gemacht, damit die Zahlenden die Mäuler auch aufmachen, wenn sie mit ihrem eigenen Geld gestopft werden (das nur wenige von ihnen erhalten, um es an die Autokonzerne abzuliefern) und mit dem Geld ihnen auch noch die Augen zugekleistert werden. Sie werden nicht aufmucken und sie werden auch nicht sehen, wie sie hinters Licht geführt werden. Sie werden auch nicht mitbekommen, dass sich die Insel-Rundschau dem Dasein als Kuli der Regierenden hingibt und sich dafür von den Lesern bezahlen lässt.

Das erinnert mich an das mediale Gebrüll nach der Wende, jetzt müssten die DDR-Bürger ohne DDR aber gründlich ihre Vergangenheit bewältigen. Die Altdeutschen hatten keine Vergangenheit und haben auch 20 Jahre später keine, denn es galt zu raffen. Während sich die Medien bildlich die Mäuler zerfetzten über Stasispione und deren Helfer, eigneten sich Altdeutschländler große Teile der DDR an, nachdem sie das Volkseigentumm zu Staatseigentum erklärten, eines Staates, den es nicht mehr gab und dessen Eigentum nun wohlfeil zu haben war - für jene, die das Kapital und die Beziehungen hatten. Einige ließen sich nicht nur beschenken, sondern erhielten sogar noch Geld, Steuergeld, damit sie DDR-Stücke abnahmen. Das war der potenzierte Irrsinn: Die neuen Steuerzahler, die ihren Staat vernichtet hatten, zahlten nun dafür, dass sie enteignet wurden, merkten aber nichts, weil sie mit der Bewältigung ihrer Vergangenheit zu tun hatten.

Nun passiert dasselbe. Den DDR-Ehemaligen wird erklärt, dass sie in einem Unrechtsstaat lebten, andere meinen, das sei nicht so gewesen und wie vor 2000 Jahren wird die Masse mit Brot und Spielen - das Gequassel um den Unrechtsstaat, die Wahl des Oberpräsidenten, das Bürgerfest, der Schauder über abgedeckte Dächer, alles nichts als Brot und Spiele - und währenddessen tut der Geheimbund gerade Gleiches wie damals die DDR-Aufkäufer. Er verscherbelt Steuergeld in unbegreiflicher Höhe und niemand erfährt, wer wie viel davon bekommt.

An beiden Tagen war die Insel-Rundschau keinen Cent wert.

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