Sonntag, 19. Oktober 2008

Mein erstes Seminar

Es hat geklappt. Ich habe mein erstes Seminar "Autobiografisches Schreiben" gehalten. Es war allerdings Zufall, dass eine Thüringerin auf das Angebot aufmerksam wurde, nachfragte und ihre drei Freundinnen überredete, fünf Tage lang auf Usedom Lebenserinnerungen aufzuschreiben.

Das war ein Quartett: Verlassen, einsam geblieben und zwei Witwen, jede 65 Jahre alt und Großmutter, meist vergnügt.
Auch das war das Quartett: Eine Tonangeberin, eine Zurückhaltende, eine Widersprechende, eine Schöne und keine Meckerliese.

Am ersten Tag stellte ich das Programm vor: Vormittags würden die Geschichten vom Vortag besprochen, nachmittags sollten die Frauen erfahren, wie Geschichten geschrieben werden können; wir legten fest, zu welchem Thema ab 17 Uhr geschrieben werden konnte. Niemand musste, alle taten es.

Da jede Thüringerin viele Geschichten der Freundinnen kannte, wäre es nicht so schlimm gewesen, sie zum Vorlesen ihrer Geschichten zu bewegen, wäre da nicht noch Uwe Holl gewesen - Uwe Holl, kürzlich wegen versuchten Totschlags zu viereinhalb Jahren verurteilt und ab morgen in Stralsund im Gefängnis.

Ich hatte ihn in Koserow angerufen, ihm vorgeschlagen, das Seminar zu nutzen. Er wollte nicht, keine Zeit und vier fremde Frauen, bewahre. Es wurde ein kurzes Telefonat. Dass ich weiß, was wir einander sagten, liegt an meinem Diktiergerät (Sturmfeld-Leser kennen es schon.).
"Keine Zeit zählt nicht. Rentner haben immer Zeit", entgegnete ich. "Und die vier Frauen sind vielleicht die letzten, die Sie in den nächsten Jahren zu sehen bekommen."
"In meinem Alter", murmelte er.
"Das Seminar ist ein Geschenk."
"Also gut, wenn es mir nicht gefällt, kann ich ja aufhören."
Typisch Holl, dachte ich.

Er kam nach Heringsdorf, blieb bis zum Seminarende am Freitag, hielt sich aber nicht an den Themenplan und legte mir eine Geschichte hin, die ich gut fand, so gut, dass ich Sie Ihnen in nächster Zeit kapitelweise in diesem Blog vorstellen werde.

"Und was ist mit der elektronischen Bürgerzeitung?", fragen Sie. Gemach, zwei Interessierte hatten sich gemeldet, mit deren Probetexten ich jedoch nicht zufrieden war. Sie brauchen noch Anleitung. Die erhalten sie in den nächsten Wochen.

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