Freitag, 23. Oktober 2009

Arroganz und Ahnungslosigkeit

Erinnern Sie sich bitte an den Ausbruch der Vogelgrippe, an die jammernden Touristiker auf Rügen, an die dem Tamiflu hinterher Hechelnden, vor allem aber an die hilfreich der Pharmaindustrie zur Seite stehenden, weil die Angst schürenden, Medien.
Das alles macht unruhig und vermindert somit die Denkleistung. Was für ein Mist wurde nicht alles in die Welt gesetzt, auch von der Usedom-Rundschau! Wenigstens hatte ich mich an der Blödsinn-Schreiberei nicht beteiligt.

Wenn ich sehe, wie jetzt wieder wegen der neuen Grippe die Welt in Angst versetzt wurde und wird, fällt mir ein, was wohl gewesen wäre, wenn rechtzeitig ein Impfstoff gegen die Vogelgrippe entwickelt worden wäre. Wie jetzt wären Abermillionen Menschen geimpft worden. Und siehe, die Vogelgrippe hätte nur wenige Menschen weltweit zu Tode gebracht. Ich fürchte, das wäre der Impfindustrie und den Bonzen ein willkommener Anlass gewesen zu behaupten: Der Impfstoff hat seine Schuldigkeit getan.

Was um alles in der Welt schützt uns vor solchen Behauptungen, wenn die neue Grippe ähnlich mit uns verfährt wie es die Vogelgrippe tat? Doch nicht etwa die Medien?!

Das nur zum Nutzen von Medien, das zu jenen, die meinen, aus der Zeitung ... zu erfahren, was in der Welt los sei.

Ach, Thomas Schill will sich gegen die neue Grippe impfen lassen. Er wollte mir nicht verraten, was ihn dazu vor allem bewog, die Angstschürerei per Text oder die idiotischen Spritzen- oder Nadel-im-Oberarm-Bilder, die überall verwendet werden, als wüssten weder Schill noch ich, noch Sie, wie eine Spritze aussieht und wie geimpft wird.
 
Immer wieder Beispiele, die belegen, für wie blöd uns Medienvertreter aller Art halten. Eine gefährliche Mischung: Arroganz und Ahnungslosigkeit, deren Ergebnisse einige von Ihnen täglich kaufen.

Sonntag, 11. Oktober 2009

Gut und Böse über Kreuz

Ein Lieblingsspruch der LINKEN stammt von John Steinbeck. Er geht so: »Menschliche Eigenschaften wie Güte, Großzügigkeit, Offenheit, Ehrlichkeit, Verständnis und Gefühl sind in unserer Gesellschaft Symptome des Versagens. Dagegen sind Gerissenheit, Habgier, Gewinnsucht, Gemeinheit und Egoismus Merkmale des Erfolges.« Er hat recht.
Ich hatte es hier gefunden.

Wäre das eine Idee für eine Geschichte?:

Ein Gerissener, Gemeiner, Egoistischer macht Gewinn, weil er einen Ehrlichen, Verständnisvollen für seine Geschäfte missbraucht. Es gelingt dem Gerissenen, weil er eine Kinderfreundschaft wieder aufleben lässt.
Der Gerissene lässt den Ehrlichen andere Ehrliche ausnehmen, bis er merkt, dass der Gerissene ihn ausnutzt. Er kann sich aber nicht wehren, bis er darauf kommt, einen anderen Gerissenen anzustellen, der den ersten Gerissenen übers Ohr haut.
Doch dieses Wehren ist nicht so einfach, denn der Ehrliche ist ja auch gütig und verständnisvoll; Skrupel hemmen ihn anfangs noch.

Samstag, 3. Oktober 2009

Nachdenken über den 9. Oktober

Warum wurde ausgerechnet der 3. Oktober zum sog. Tag der deutschen Einheit, warum nicht der 9. Oktober?

Welcher 9. Oktober? Sehen Sie, Sie hatten schon vergessen, dass an dem Montag im Jahr 1989 in Leipzig 70000 Menschen den Altstadtring umrundeten, beäugt von 15000 Bewaffneten. Es war die bis dahin größte, nichtangemeldete Demonstration in der DDR, während der nicht einmal eine Fensterscheibe zu Bruch ging (War es der Gedanke an das Volkseigentum?), geschweige denn, Menschen zu Schaden kamen. Diese Demonstration löste eine Flut weiterer in der gesamten DDR aus, mit denen erzwungen werden sollte, das DDR-System zu reformiern, und es wurde doch Auslöser des Umsturzes.

An solch einen Tag sollte mit einem Feiertag erinnert werden? Niemals!
Die Gründe liegen auf der Hand.

Es war kein Regierender aus Ost und schon gar nicht aus West dabei.
Es bedurfte keines Regierenden, 70000 Menschen in Bewegung zu setzen; sie schafften das von sich aus.
Es bedurfte keines Regierenden, Zerstörung, Mord und Totschlag zu verhindern. Die Leute schafften das ganz allein.
Die Massen organisierten sich friedvoll fast von selbst, ein einmaliger Vorgang - leider.

Vor lauter Unzufriedenheit und Demonstriererei kamen die meisten monatelang gar nicht auf den Gedanken zu überlegen, was denn noch alles ohne Regierende möglich wäre. Außerdem war plötzlich die Grenze offen und alles Volk strömte - 100 Westmark abzuholen. Die große Chance zur Selbstbestimmung war vertan.

Der zweite Grund, den Tag zu keinem Feiertag zu erheben, ist ebenso einfach zu erkennen. Die untergehende DDR wurde nicht mit dem Westen vereint; sie wurde vom Westen kolonisiert. Waren es vor Hunderten Jahren die Mönche, die den Glauben unters Volk brachten, so die Gesellschaften zerstörten und die Kolonisierung leicht machten, waren es vor 19 Jahren die Versicherungsvertreter und die der Bausparkassen, die den DDR-Bürgern den Geldregen vom Himmel versprachen. Schon der erste geschenkte Hunderter hatte gläubig, gefügig und vor allem unterwürfig gemacht. Die von Händlern unters mauloffene Volk geworfene Bananen, Zeitschriften und Kugelschreiber wirkten wie die bunten Perlen der den Mönchen vor Hunderten Jahren nachrückenden Händler.

Den Blick auf die bunten Perlen gelenkt, merkten viele Leute nicht, wie ihnen die DDR unterm Hintern weggezogen wurde (Regierende verwandelten per Dekret Volkseigentum in Staatseigentum, um es verhökern zu können, und wir ließen uns das gefallen.) und sie mit Brosamen abgespeist wurden, viele von ihnen bis heute, die den Lügen, Verheißungen genannt, der neuen Regierenden im Osten und der alten Regierenden im Westen, glaubten und immer noch glauben. Nur sind es nicht mehr so viele. Die neuen Regierenden im Osten verschenkten die DDR, schnellstmöglich. Sie wollten sie unbedingt loswerden, denn sie hatten keine Herrschaft mehr über das Volk und die Kolinisten drängelten.

Die Herrschaft des Geldes bendete diesen Zustand des Nichtregiertwerdens, den kein Regierender oder Regierungswilliger der Welt lange duldet, auch nicht, wenn es nicht sein Volk ist, das er beherrscht, sondern Nachbarn. (Herrschende denken: mein Volk, sagen aber: die Menschen und wagten vor ein paar Jahren noch zu sagen: die Menschen draußen, tun es nicht mehr, denken es nur noch, ganz schön schlau.) Gewöhnlich lässt er Soldaten oder Geld einmarschieren, um im unbeherrschten Nachbarland die Ordnung der Herrschenden wieder herzustellen.

Dass die DDR kolonisiert wurde, steht außer Frage. Nehmen Sie die Nationalhymne. Daran erinnerte mich heute ein Gespräch mit Christian Führer, das ich im Radion gehört hatte. Dass die von den Nazis malträtierte Nationalhymne nun die aller Deutschen ist, illustriert das Bild von der Kolonisierung und zeugt zugleich von der Unfähigkeit und dem mangelnden Willen, etwas Neues zu schaffen. Wer kolonisiert, braucht nichts Neues zu schaffen. Er ist damit beschäftigt, neuen Profit schaffen zu lassen.

Wäre der Osten nicht kolonisiert worden, sondern mit dem Westen geeint, wäre eine neue Nationalhymne vonnöten gewesen. Es wäre auch der Text der DDR-Nationalhymne annehmbar gewesen, denn er kommt ohne Maas und Memel aus. Es ist mit Ausnahme weniger Zeilen ein guter Text, viel besser als der Überalles-Text. Besonders gefällt mir:
Laßt das Licht des Friedens scheinen,
Daß nie eine Mutter mehr
Ihren Sohn beweint.
Das geht natürlich in Einigdeutschland nicht. Wo kämen wir da hin? Muttertränen hin oder her; schließlich muss Einigdeutschland auch am Hindkusch verteidigt werden und wer weiß, wo demnächst noch.

Wir haben vor 20 Jahren eine einzigartige Chance verpasst und ich befürchte, welches Volk auch immer wird weiterhin ähnliche Möglichkeiten ungenutzt lassen, weil es stets zu viele Leute gibt, die sich allzu gern regieren lassen.

 
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